Rückschau Roßweiner Herbstmusik
Der im vergangenen Sommer gegründete Verein Villa Bauch e.V. hat mit den Roßweiner Herbstmusiken ein nicht zu übersehendes Zeichen in Roßwein gesetzt. Die vier Veranstaltungen, die auf die Initiative des Vereins in Kooperation der Stadt und Finanziert durch die Kulturstiftung des Landes Sachsen durchgeführt wurden haben deutlich gemacht, wie der Verein in die Stadt ausstrahlen möchte und so das primäre Ziel, die Villa Bauch zu sanieren und umzunutzen zu erreichen.
Die alte Industriellenvilla am Stadtrand aus dem Jahr 1906 soll zu einer Musikakademie umgebaut und ertüchtigt werden. Meisterklassen, Workshops, Probenwochenenden und Aufnahmen sollen hier künftig durchgeführt werden können. All das mit dem Fokus auf kleine Besetzungen, vom Lied über Quartette, Ensembles bis hin zu Kammerchören. Aber auch für andere Nutzungsmöglichkeiten steht die Tür offen: private Feierlichkeiten, Seminare, Weiterbildungen und musikalischer Unterricht sollen zum Betrieb gehören.
Besonders Probenphasen und Meisterklassen enden meist mit Konzerten, in denen das Erarbeitete präsentiert wird. Diese sollen in Roßwein, aber auch in der Umgebung stattfinden und so das kulturelle Leben Mittelsachsen bereichern.
Die Roßweiner Herbstmusiken begannen mit einer musikalischen Lesung am 17.09.2022 mit Titus Müller und Stephan König.
„Ich lese Ihnen nicht das Buch vor, dass verdirbt Ihnen den Spaß“
Titus Müller begann die Lesung mit Musik nicht mit Texten aus seinem Buch „Das zweite Geheimnis“, sondern erzählte in lockerer Atmosphäre von der Recherchearbeit. Die spannenden Geschichten aus der Entstehung eines solchen Romans wurden sehr unterhaltsam durch den brillanten Stephan König am Flügel ergänzt. Improvisationen über Lieder wie „Die Gedanken sind frei“, „Am Fenster“ und „Sonderzug nach Pankow“ und andere ließen die Zeitreise in die Vergangenheit noch einfacher werden.
Die Lesung konnte in Kooperation mit der Christlichen Buchhandlung Lomtscher durchgeführt werden.
Am 15.10.2022 folgte ein Konzert mit Barockorchester in der Roßweiner Kirche.
„So ein Feuer, so eine Freude am Spiel, das allein war schon ein tolles Erlebnis.“ Bürgermeister Hubert Paßehr sprach nach dem Konzert mit barocker Musik aus, was die knapp 60 Besucher am fühlten.
Es war wirklich auffällig, mit welcher Lust am Zusammenspiel die acht MusikerInnen im Altarraum der Roßweiner Kirche zusammen konzertierten!
Was um so erstaunlicher ist, als dass es sich nicht um ein festes Ensemble gehandelt hat. Das angekündigte Leipziger Barockorchester war leider verhindert. So sprangen Julia Chmielewska-Ulbrich (Orgel), Ulla Hoffmann (Violone), Uta Büchner (Violoncello), Christian Seifert (Viola), Anke Strobel (Violine) unter der Leitung von Henriette Otto-Dierßen (Violine) für das Orchester kurzfristig ein und begleiteten die SängerIn Johanna Ihrig (Sopran) und Christian Pohlers (Tenor).
Die Überschrift über das Programm war: „Wach auf mein Herz und singe“.
Und genau das wurde mit dem klug durchdachten Programm erreicht, welches die Vielfalt barocken Klangs und Virtuosität zelebrierte. Von Schütz über Graupner und Topf zu Bach war eine große Bandbreite präsentiert. Mit der freudig durchs Leben tanzenden Choralbearbeitung über „Ertöt uns durch dein Güte“ aus BWV 22 entließen die MusikerInnen das Publikum mit einem absoluten Ohrwurm in den Abend, der die Erinnerung an diese bereichernde reichliche Stunde Musik noch lange in den Herzen singen lässt.
Das dritte der Konzerte in der Reihe war am 28.10. 19:00Uhr im Rathaussaal „Rivalen der Comedian Harmonsits“ mit dem Ensemble Leipziger Salon und dem Ensemble Nobiles moderiert von Claus Fischer. Dass die Musik der „Boy-Groups“ der 1930er Jahre den Roßweiner Rathaussaal derartig gut füllen würde, war eine Überraschung.
Die Musik, herausgesucht und zusammengestellt von Claus Fischer, ist wunderbar, leicht, mit Schwung geht sie in die Hüften und erleichtert die Seele. Herrliche Hits wie „Ich steh mit Ruth gut“, „So meschugge“ oder „Wenn der Bobby und die Lisa auf dem schiefen Turm von Pisa…“ wurden mit Geschichten zu den ursprünglichen Gruppen aneinandergereiht und gaben einen wundervoll beschwingten Abend. Dass dieses Programm im kommenden Jahr auch auf CD erscheinen soll, war für viele eine mehr als willkommene Nachricht. Dann kann man auch daheim nach Käti pfeifen und sich davon überzeugen, dass Vera ein wahres Kussgenie ist.
Beendet wurde die Reihe im Rathaussaal mit dem Programm „Winterreise – was danach geschah“ ein Gesprächskonzert mit dem trio pontes. Die Musikwissenschaftlerin Dr. Maria Behrendt führte gemeinsam mit Sopranistin Anna Schors und Pianist Paul Heller in das Leben und die Werke des unbekannten Romantikers Carl Banck ein und einige seiner herrlichen Lieder wurden vorgetragen. Dabei war Bancks Stielvielfalt an diesem Abend ohrenfällig. Von hochromantischer Expressivität zum Beispiel im Lied „Letzte Nacht“, in dem Klavier und Sängerin mit dem Protagonisten in ihr nasses Grab hinabsteigen, über dramatisch aufgeladenen Ausrufe in „Seelendrang“ bis hin zum melodramatisch-deklinierenden „Ergebung“, dass Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“ vorausnimmt.
Dass der Roßweiner Rathaussaal nicht sonderlich voll war, passt dabei zum Programm, wie Dr. Behrendt meinte: diese Lieder sind für den Salon und damit für ein kleines, aber exquisites Publikum geschrieben.
Und so fand die Reihe Roßweiner Herbstmusik mit diesem kammermusikalischen Highlight ein würdiges Ende.
Ein großer Dank gilt allen Partnern und Beteiligten, der Kirchgemeinde St. Marien, der Stadt Roßwein, die in Kooperation mit dem Verein Villa Bauch e.V. die Roßweiner Herbsmusiken veranstaltet, und der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, welche diese Reihe fördert. Außerdem der Christlichen Buchhandlung Lomtscher und allen fleißigen Helfern im Hintergrund. Und es sponserten die Kreissparkasse Döbeln und Brambor Pflegedienstleistungen das umfangreiche Programmheft, auch dafür herzlichen Dank!